Abschied

Genau genommen begann für uns der Abschied erst Stück für Stück irgendwann nach dem 1. Todestag. Vorher konnten wir es gar nicht begreifen. Wir waren ungewollt Akteure in einem Film, den wir nicht verstanden und vor allem nicht wahrhaben wollten. Es KANN nicht die Realität sein, nicht UNSER Kind, irgendwann wachen wir wieder auf und alles wird wieder gut sein. Überall habe ich sie gesucht: in Bildern, Jenseitsvorstellungen, Meditationen, Orten, Erinnerungen... Nur bruchstückhaft erinnere ich mich an die Beerdigung. Vor allem hatte es gut getan zu sehen, dass so  viele Mitmenschen kamen, um Jenny zu verabschieden und uns ihre Anteilnahme auszudrücken. Es war der einzige Trost, den es für uns geben konnte.
  Trauerfeier Jennifer Thölke, 
23. Mai 2002
Johannes 8,12
Ich bin das Licht der Welt.
Wer mir nachfolgt,
der wird nicht wandeln in der Finsternis,
sondern wird das Licht des Lebens haben.

Liebe Eltern von Jennifer,
liebe Nadine,
liebe Großeltern, Angehörige und Paten,
liebe Freundinnen und Freunde von Jennifer
liebe Trauergemeinde,
Sie alle, die sie um Jennifer trauern und sie vermissen,

heute nehmen wir Abschied,
heute gehen wir den letzten Weg gemeinsam mit Jennifer.
Sie wird von Ihnen allen mit getragen.

Es schmerzt so sehr,
dass sie nicht mehr da ist.
So kurz war ihr Leben,
keine 7 Jahre alt ist Jennifer geworden.

Und keiner kann begreifen,
warum dies geschah in unserer Mitte,
warum dies nicht zu verhindern war.

"Es geschehen Dinge, die wir nicht begreifen,
und wir stehen machtlos und stumm daneben."

Lasst uns einen Moment Ruhe finden,
Ruhe in Gott,
der uns trägt in dieser Stunde,
denn in ihm ruhen all unsere Fragen,
Klagen und Anklagen,
unser Schweigen,
unsere Müdigkeit und unsere Trauer.
Wir sind stille.

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Gebet

Gott, unser himmlischer Vater.
Wir alle sind so unendlich traurig,
dass Jennifer nicht mehr da ist,
wir können es nicht fassen,
dass wir Abschied nehmen müssen.

Wir fragen warum?
Und legen dir unser Fragen und unsere Trauer
ans Herz,
und wir vertrauen,
dass du uns verstehst,
dass du die Antwort kennst.
Wir vertrauen darauf,
dass deine Nähe, deine Geborgenheit
Jennifer umgeben.

Sie ist nicht allein,
sondern bei dir,
Vater im Himmel.

Zeig uns,
wie das Leben weitergeht.
Lass Schönheit und Freude in uns wieder aufleben.
Lass uns wieder sehen,
auf welchen Wegen es für uns weitergeht.

Schenk uns Mut zum Leben.
Schenk uns Licht und Wärme, die uns begleiten.
Schenk uns deinen Frieden.

Amen.

Melodie
 

Warum?

Liebe Trauergemeinde,
liebe Familie von Jennifer,
liebe Frau Thölke, lieber Herr Thölke,
liebe Nadine,

In Ihrem Wohnzimmer brennt die Taufkerze
von Jennifer.
Ein Licht ist bei Ihnen,
das Wärme verbreitet.
Und in all die Dunkelheit, die Sie umgibt,
fällt mit diesem Licht ein heller Schein.

Ich denke an den Taufspruch von Jennifer
in dieser Stunde:
Ich bin das Licht der Welt.
Wer mir nachfolgt,
der wird nicht wandeln in der Finsternis,
sondern wird das Licht des Lebens haben.

Jennifer war Ihr Sonnenschein.
Sie hat Ihnen allen so unendlich viel Liebe
und Zuneigung geschenkt.

Wenn Sie, liebe Eltern an Ihre Jennifer denken,
dann ist sie in Gedanken
"meine Kumpeline", die jeden Spaß mitgemacht hat,
"meine kleine Jenny-Maus" mit den großen Teddyaugen,
wie sie sich selber beschrieben hat.

Sie suchte so viel Nähe,
und sie mochte genauso viel Nähe verschenken.
Sie alle hat sie damit beschenkt.
Unfassbar zu glauben,
dass Jennifer nicht mehr da ist,
eben noch
kam sie lachend und fröhlich ins Zimmer.

Am Tage vor dem Unfall
war sie zur Tauferinnerung hier in der Thomaskirche.
Von der Familie waren viele bei ihr an diesem Tage,
sie haben sie noch einmal fröhlich gesehen,
sie haben diesen Tag mit ihr gefeiert.

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Es war ein Tag,
der ihr so gut gefallen hat,
und stolz und froh hat Jennifer
ihre Taufkerze,
ihre Kinderbibel
und das Segensband mit dem Taufspruch
in die Vitrine gelegt.
Jeder sollte es sehen.
Und am Abend waren Sie zu Hause, Herr Thölke,
zurückgekehrt von einer Reise.
Sie waren zu Hause.

Es gab keine Vorahnung,
keine Vorwarnung vor dem Unfall am nächsten Tag,
der sich mitten in unserem Ort ereignete
und Jennifer so plötzlich
aus dem Leben riss.
Die dabei waren,
die es gesehen haben,
können es nicht fassen,
können es nicht vergessen.

Immer wieder kreisen die Gedanken
um die letzten Stunden mit Ihrer Tochter:
die letzten Worte zu ihr,
die letzten Augen-Blicke im Krankenwagen,
das letzte Berühren im Krankenhaus,
das letzte Mal, wie sie in ihrem Arm lag.

Blumen liegen nun am Straßenrand,
ein Kreuz trägt Jennifers Namen,
Menschen stehen davor,
weinen,
unfassbar ist es, was geschah.
Menschen möchten trösten
und suchen selber Trost.

Manchmal können wir kaum weiterleben,
weil wir nicht wissen,
wohin wir schauen sollen.

Da kann es helfen, in den Himmel zu schauen.
Dort steht ein Stern,
und vielleicht
ist er mehr als ein Stern,
eher ist er ein Fenster des Himmels 
in Gottes weitem Raum,
aus dem die uns ansehen,
die wir lieben
und die wir verloren haben.

Sie sehen uns an
und ihre Gedanken scheinen auf uns herab
und berühren uns im Innern,
denn wir sollen wissen,
wie glücklich, wie geborgen sie sind
in Gottes Himmel zu sein.

Lied: Weißt du wieviel Sternlein stehen
 

Jennifer

Ich sehe Jennifer vor mir sitzen
bei dem Tauferinnerungsgottesdienst
in der 1. Reihe.
Sie war so ernsthaft und aufmerksam dabei.

Jeder von Ihnen und von euch
hat ein Bild von Jennifer in sich,
so lebendig,
so bunt,
so fröhlich,
so warm.
Sie hatte Liebe in sich, die sie gespürt haben,
Liebe für ihr ganzes Leben,
so hat sie es ihnen gesagt.
Aus dieser Liebe für Sie ist sie nie herausgefallen,
und ich wünsche Ihnen,
dass diese Liebe Sie als Familie jetzt auch trägt.

Und auch wenn es mal Streit gab, Nadine,
wie es unter Geschwistern ist,
Jennifer
wird immer gewusst haben,
dass du sie lieb hast,
das spürt man, auch wenn man streitet.
Schwer ist es für dich,
weil sie nicht mehr da ist,
weil du es ihr nicht mehr sagen kannst.
Dennoch sollst du wissen,
deine Schwester hat das gewusst.

Es gab so viele Pläne in Jennifers Kopf,
in ihrem 7-jährigen Leben:
Als Tischlerin wollte sie Möbel für Sie bauen
und wünschte sich zum Geburtstag
einen Werkzeugkoffer.
Bei "Wer wird Millionär" wollte sie
den großen Gewinn machen
und dem Papa das Motorrad kaufen,
das er sich wünscht.
Und wenn Sie, die Eltern, alt werden,
wollte sie Sie versorgen.
Es gab wohl keinen Gedanken in Jennifer,
der Sie als Eltern
nicht mit einbezogen hätte.
Liebe für ein ganzes Leben wollte sie schenken
und hat sie Ihnen geschenkt.

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Auch auf die Schule hat sie sich gefreut,
und sie rechnete sich bereits schwierige Aufgaben aus.
Ein Pferd wollte sie haben
und Orgel spielen können,
Fotografin werden und viele Fotos machen
und vor allem
noch einmal mit der Familie in die Türkei,
wo es ihr gefallen hatte.

So viele  Pläne und Gedanken sprudelten in ihrem Kopf
und waren wohl auch manchmal schneller als sie und eilten ihr voraus.

Sie war so, wie Sie sich Ihre Jennifer
gewünscht haben,
als Sie lange Zeit auf sie warten mussten,
bevor sie geboren wurde.

Bei einem Kind wie Jennifer mit 7 Jahren
wechselt es,
was sie am liebsten isst,
welches Tier das Lieblingstier ist.
Und doch kreisen die Gedanken darum,
wie um festzuhalten,
wer sie war und wie sie war.
Jeder von Ihnen,
Familie und Verwandte,
Nachbarn,
Freunde und Freundinnen
kennen einen Teil von Jennifer,
und dieses aufzubewahren
in einem Bild, in einem Lied,
in einem Brief, in einer Geschichte,
tut gut und hilft.

 
Dann geht nicht einfach alles verloren,
dann bleibt Ihnen und euch
etwas von Jennifer
und erzählt davon,
dass Jennifer sagen würde:
"Es war schön mit euch,
mit einem jeden
mit einer jeden
und jeden habe ich auf meine Weise geliebt.
Ich bin euch nahe gewesen,
und möchte es auch jetzt noch sein."

Dies können wir aufbewahren,
denn es tröstet,
wenn sie Ihnen,
wenn sie euch fehlt.

Das Lieblingslied von Jennifer möchten Sie hören:

From Sarah with love -
Von Jennifer aus Liebe
 

Jennifer ist geborgen

Wenn ein Leben vergeht,
vergehen Träume,
vergeht Zukunft,
gemeinsame Wege enden.
Schwer ist es, dies zu fassen
für Sie als Großeltern und Paten,
für Sie als Familienangehörige.
Sie können nichts mehr für Jennifer tun.

Und ihr, als Freundinnen und Freunde,
wolltet noch so viel zusammen erleben,
zusammen spielen alles erzählen
und zusammen zur Schule gehen.
Heute begleitet ihr Jennifer,
ihr seid bei ihr
und das ist gut so.
Andere sind in Gedanken dabei
Im Kindergarten haben die Kinder 
Bilder gemalt,
drücken aus, was sie fühlen.

Am liebsten würden Sie die Zeit zurückdrehen,
liebe Frau Thölke, Herr Thölke, Nadine
und aufwachen
und einen bösen Traum verjagen.
Schwer wiegt das Wissen,
dass es einfach geschah und
dass Ihr Leben nun anders geworden ist.

Doch Sie möchten, dass es weitergeht,
Jennifer hätte es so gewollt.

Und neben aller Trauer
denken Sie, liebe Eltern,
voll Dankbarkeit
an die gemeinsame Zeit mit Jennifer,
in der sie Ihnen so viel geschenkt hat.
Sie hat Ihnen gezeigt,
was es heißt, fröhlich und vertrauensvoll zu leben.
Das Leben so zu nehmen, wie es ist.
So viel von Ihrer Tochter bleibt in Ihnen,
liebe Eltern,
bleibt in dir, Nadine.
Es waren nur knapp 7 Jahre,
doch die waren reich gefüllt.

Ich sehe Jennifers Taufband vor mir
Und wie Jennifer es festhält am Taufbecken,
an dem sie getauft worden ist.
Damals hörten Sie zum ersten Mal den Taufspruch:
"Ich bin das Licht der Welt.
Wer mir nachfolgt,
der wird nicht wandeln in der Finsternis,
sondern wird das Licht des Lebens haben."

"Das ist ein festes Band zwischen dir, Jennifer, und Gott."
Das habe ich ihr gesagt und sie hat es gehört.
Und dieses Band zerreißt nicht,
auch wenn ihr Lebensfaden zu Ihnen abgerissen ist.
Dieses Band,
von dem die Taufe spricht,
zerreißt nicht,
sondern hält
und leitet Jennifer dorthin,
wo Gott sie mit offenen Armen empfängt
und sie aufnimmt in sein Reich,
das wir als unser ewiges Zuhause
in uns tragen und ahnen,
hoffen und glauben können.

In ihrem Garten sah Jennifer
bei ihrer Lieblingsblume
die Herzen vom Tränenden Herzen offen stehen.
Es mag ein Sinnbild sein
für ihre Zukunft,
die sich Jennifer eröffnet,
dort wohin ihr keiner von uns folgen kann.

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Gott sagt in der Taufe:
"Ich kenne dich,
ich kenne deinen Namen von Anfang an.
Und ich liebe dich, so wie du bist.
Und ich rufe dich ins Leben,
am Anfang
und auch am Ende."
Nichts anderes tut Gott,
als uns ins Leben zu rufen.

Wir bleiben zurück
um zu leben,
um zu lieben,
um zu bewahren,
um dankbar zu sein
für gemeinsame Zeit.

Es war ein Segen von Anfang an,
dass Jennifer da war,
genauso wie es ein Segen ist,
dass Nadine bei Ihnen ist.

Jennifer hat Sie verlassen.
Sie geht einen anderen Weg
und ich vertraue mit Ihnen darauf,
dass ihr Weg zu Gott führt.
Deine Schwester,
Ihre Tochter und Enkelin,
Ihr Patenkind und Nichte,
eure Freundin
geht auch diesen Weg voll Vertrauen
zu Gott, der unser Schöpfer ist.

Sie ist nicht allein,
Gott wird sie geleiten
und ihr zeigen,
wohin sie gehört.
Gott wird ihr einen Raum bereiten,
ein Zuhause
in dem Jennifer sicher aufgehoben ist.

Ein Licht von ihr bleibt zurück.
Ein Licht,
voll Wärme und Leben.

Ein Licht,
das ihren Namen aufleuchten lässt
und vom Leben erzählt,
das sie umfängt.

Ein Licht,
das Ihre Herzen erreichen möchte,
denn dort wird Jennifer auch
immer zu Hause sein.

Und dieses Licht,
das mit Jennifer für Sie in die Welt
gekommen ist,
wärmt
tröstet
und vergeht nicht.
Denn Gott selbst
wohnt mit Jennifer in diesem Licht
und umgibt all die,
die Jennifer lieben und nicht vergessen werden.

Amen

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