Trauer

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Wir können nicht mehr sein, wer wir waren - nie wieder! Die Zeit kann diese Wunde nicht heilen, sie lehrt uns nur, mit dem Unfassbaren zu leben. Unsere Trauer, unsere Sehnsucht tragen wir als zentnerschwere Last ständig mit uns - auch noch nach Jahren. Habt keine Angst vor unseren Tränen, denn sie lassen  nur raus, was in uns ist! Nicht das Weinen tut weh, sondern das "Nur-nicht-darüber-reden" - als hätte es unsere Kinder nie gegeben. Doch wir brauchen euch: euer Verständnis, euer Mitgefühl, euren Beistand. Nur so können wir uns  das Leben wieder neu erobern. Ein Leben, in dem das geliebte verstorbene Kind seinen Platz behält! Darum löscht nicht ihren Namen aus...
 

Namen

Lösch nicht ihren Namen aus
verließen sie auch dies Leben
Lösch nicht ihren Namen aus
als hätt es sie nie gegeben
Das Liebste, das wir besessen
in ihnen das Zukunftsbild gesehen
Erwarte nicht Vergessen
als wäre nichts geschehen

Denn ich will weiterleben
doch wie, weiß ich nicht gut
gehöre hier zu diesem Leben
und brauch zum Überleben Mut

Lösch darum nicht ihren Namen aus
nenn ihren Namen und lass mich wissen
auch dir soll's kein Vergessen geben
nur so kann ich noch weiterleben.

(nach einem Gedicht von Gerry den Otter)

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Der Segen der Trauernden
Gesegnet seien alle,
die mir jetzt nicht ausweichen.
Dankbar bin ich für jeden,
der mir einmal zulächelt
und mir seine Hand reicht,
wenn ich mich verlassen fühle.

Gesegnet seien die,
die mich immer noch besuchen,
obwohl sie Angst haben,
etwas Falsches zu sagen.

Gesegnet seien alle,
die mir erlauben,
von dem Verstorbenen zu sprechen.
Ich möchte meine Erinnerungen
nicht totschweigen.
Ich suche Menschen,
denen ich mitteilen kann,
was mich bewegt.

Gesegnet seien alle,
die mir zuhören,
auch wenn das,
was ich zu sagen habe,
sehr schwer zu ertragen ist.

Gesegnet seien alle,
die mich nicht ändern wollen,
sondern geduldig so annehmen,
wie ich jetzt bin.

Gesegnet seien alle,
die mich trösten
und mir zusichern,
dass Gott mich nicht verlassen hat.

(Marie-Luise Wölfing)

Mitmenschen, nehmt uns trauernde Eltern an!
Geht behutsam mit uns um, denn wir sind schutzlos.
Die Wunde in uns ist noch offen und weiteren Verletzungen preisgegeben. Wir haben so wenig Kraft, um Widerstand zu leisten.

Gestattet uns unseren Weg, der lang sein kann,
Drängt uns nicht, so zu sein, wie früher, wir können es nicht sein. 
Denkt daran, dass wir in Wandlung begriffen sind.
Lasst euch sagen, dass wir uns selbst fremd geworden sind.
Habt Geduld!

Wir wissen, dass wir Bitteres in eure Zufriedenheit streuen,
dass euer Lachen ersterben kann, wenn ihr unser Erschrecken seht, dass wir euch mit Leid konfrontieren, das ihr vermeiden möchtet.

Wenn wir eure Kinder sehen, leiden wir.
Das "Nie mehr" ist wie ein Schrei in uns, der uns lähmt.
Wir müssen die Frage nach dem Sinn unseres Lebens stellen.
Wir haben die Sicherheit verloren, in der ihr noch lebt.

Ihr haltet uns entgegen: auch wir haben Kummer!
Doch wenn wir euch fragen, ob ihr unser Schicksal tragen möchtet, erschreckt ihr.
Aber verzeiht: unser Leid ist so übermächtig, dass wir oft vergessen, 
dass es viele Arten von Schmerz gibt.

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Ihr wisst vielleicht nicht, wie schwer wir unsere Gedanken sammeln können. Unsere Kinder begleiten uns.
Vieles, was wir hören, müssen wir auf sie beziehen.
Ihr vergangenes Leben mit uns zwingt uns zum Vergleich.
Wir hören euch zu, aber unsere Gedanken schweifen ab.

Nehmt es an, wenn wir von unseren Kindern und unserer Trauer zu sprechen beginnen, wir tun nur das, was in uns drängt. Wenn wir eure Abwehr sehen, fühlen wir uns
unverstanden und einsam.

Lasst unsere Kinder bedeutend werden vor euch.

Teilt mit uns den Glauben an sie.
Noch mehr wie früher sind sie ein Teil von uns.
Wenn ihr unsere Kinder verletzt, verletzt ihr uns.
Mag sein, dass wir sie vollendeter machen, als sie es waren,
aber Fehler zuzugestehen fällt uns noch schwer.
Zerstört nicht unser Bild! Glaubt uns, wir brauchen es so.

Versucht, euch in uns einzufühlen.
Glaubt daran, dass unsere Belastbarkeit wächst.
Glaubt daran, dass wir eines Tages mit
neuem Selbstverständnis leben werden.
Euer "Zu-trauen" stärkt uns auf diesem Weg.

Wenn wir es geschafft haben, unser Schicksal anzunehmen,
werden wir euch freier begegnen.
Jetzt aber zwingt uns nicht mit Wort und Blick,
unser Unglück zu leugnen.
Wir brauchen eure Annahme.
Vergesst nicht: wir müssen so vieles von neuem lernen,
unsere Trauer hat unser Sehen und Fühlen verändert.

Bleibt an unserer Seite!
Lernt von uns für euer eigenes Leben! 

(Erika Bodner)

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